Anna Schramm

Vom Zuckerbäcker zur Caféleitung

Als Anna 2012 die Schule mit der Allgemeinen Hochschulreife verließ, war ihr zunächst nicht klar, welchen Berufsweg sie einschlagen würde: „Wenn man Abitur macht, kann man auch studieren gehen“, dachte sie damals. „Durch eine Berufsberatung bin ich dann auf das Handwerk aufmerksam geworden. Das war vorher gar kein Thema für mich“, sagt sie heute. Und dabei stammt Anna aus einer Handwerker-Familie. Ihre Eltern waren in der Gastronomie selbstständig, führten zeitweise gemeinsam ein Hotel. Die Mutter mit einem Meisterbrief im Service, der Vater als Koch. Den Servicegedanken, den Kontakt zu Gästen und nicht zuletzt den Umgang mit Lebensmitteln hatte sie somit von klein auf gelernt.  So entschied sie sich für eine Ausbildung als Konditorin – in Kombination mit einem BWL-Studium. Dass es so schwer werden würde, eine Lehrstelle zu finden, hatte sie damals nicht gedacht: „Es war sehr schwierig, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu finden. Vor allem, weil ich mich ja direkt mit einem Studienplatz beworben habe. Das hat viele abgeschreckt. Der Unterricht fand ja am Wochenende statt und überschnitt sich somit mit den Arbeitszeiten im Konditorhandwerk.“

Seit kurzem hat Anna Schramm die Leitung des Cafés „MOIN“ im Hotel Nordport Plaza inne. An der neuen Aufgabe gefällt ihr besonders, dass sie sowohl ihr im Studium erworbenes Wissen als auch ihre praktischen Kenntnisse einbringen kann. Die Kombination aus Theorie und Praxis war es auch, die Anna 2013 zur Aufnahme ihres dualen Studiums an der Berufsakademie Hamburg bewogen hatte.

Auch für die Berufsakademie Hamburg, die zu dem damaligen Zeitpunkt bereits über ein umfangreiches Netzwerk mit Handwerksbetrieben verfügte, war das Lebensmittelhandwerk Neuland. Mit Unterstützung der Berufsakademie fand Anna schließlich einen kleinen Betrieb, dessen Inhaber sich für ein duales Studium aufgeschlossen zeigte. Doch für die Studiengebühren musste Anna selbst aufkommen. Keine leichte Aufgabe bei einer Ausbildungsvergütung von damals gerade mal 307,- Euro im ersten Lehrjahr. Anna und ihr zukünftiger Arbeitgeber vereinbarten schließlich, dass Anna ein Jahr vor Ausbildungsbeginn als Vollzeitkraft im Verkauf tätig sein würde. Diese Zeit nutzte Anna, um sich einen finanziellen Puffer anzulegen. Darüber hinaus lernte sie den Betrieb kennen und der Wille, ihrem Ausbildungswunsch treu zu bleiben, festigte sich. Und das, obwohl sie zum Ende des Jahres bereits die Filialleitung innehatte. „Im Verkauf zu bleiben war nie eine Option. Doch das Jahr hat mir sehr geholfen und mich in meiner Entscheidung für das duale Studium bestärkt.“

Das Studium begann im Oktober 2013 und mit ihr starteten fünf weitere Kommilitonen aus der Lebensmittelbranche: „Wir waren zu sechst – zwei Konditoren, zwei Bäcker und zwei Fachverkäufer.“ Doch nur zwei von ihnen schafften den Spagat aus Ausbildung, Studium und Privatleben. Auch insgesamt war die Abbrecherquote sehr hoch. Von ursprünglich 41 Studierenden beendeten nur 11 das Studium in der Regelstudienzeit. „Es war sehr anstrengend. Das kann man nicht leugnen“, resümiert Anna. Nur mit viel Herzblut und einer großen Portion Leidenschaft könne man den Ansprüchen des Studiums gerecht werden. Und vielleicht auch mit großen Zielen vor Augen. „Als wir vom Stipendium der Lewien-Stiftung erfuhren, hatten viele von uns Hemmungen, sich zu bewerben. Schließlich hat man im Hinterkopf, dass ein Stipendium mit sehr hohen Anforderungen verbunden ist.“ Doch Anna überwand ihre Selbstzweifel und bewarb sich. „Schließlich dachte ich, was hab ich zu verlieren?“ Und es klappte! Neben dem Motivationsschreiben und der Bewerbung, konnte sie auch im persönlichen Gespräch überzeugen. Rückblickend erscheint ihr ihre damalige Einstellung etwas träumerisch. Und dennoch weiß sie, wie motivierend ihre großen Ziele waren. „Das Stipendium war mir eine riesige Stütze. Es hat mir dabei geholfen, mein eigenes Leben aufzubauen. Mit dem Stipendium konnte ich die Hälfte der Studiengebühren finanzieren. Ich bin Herrn Lewien sehr dankbar. Denn ohne das Stipendium hätte ich meine Ausbildung nicht beenden können. Weil dann doch viele Kosten für die Konditorenausbildung auf einen zukamen, wie zum Beispiel für Prüfungsgebühren und Materialien, die man für die Gesellenprüfung benötigt. Deshalb rate ich jedem: Habt keine Bedenken, euch zu bewerben. Seid offen und ehrlich. Und seid mit Herzblut bei der Sache!“